#KIBedenken – der Blick der Schulaufsicht (?)

Nele und Joscha haben zu dieser Blogparade aufgerufen und ich denke, wir sind gut beraten, als Reaktion auf die „Toolisierung“ nach und mit Corona einen Reflexionspunkt in Bezug auf KI zu setzen. Dabei möchte ich versuchen, eine Außensicht einzunehmen, die ich auch beruflich vertreten würde.

Zunächst möchte ich einen kurzen Moment darauf verwenden, uns bewusst zu machen, dass das Thema KI an sich nicht so neu ist. Melanie Mitchell gibt in ihrem Buch „Artificial Intelligence – A Guide for Thinking Humans“ einen guten Überblick über die Anfänge auf diesem Gebiet, die sie mit den Forschungen von Herbert Simon bereits auf das Jahr 1957 datiert. Spätestens seit dem 4. Mai 1997, als DeepBlue den Schachweltmeister Garri Kasparow besiegte, konnte man erahnen, welche Entwicklung die künstliche Intelligenz nehmen wird bzw. nehmen könnte. Auch ChatGPT – DAS Synonym für KI – gab es in der ersten Form bereits seit Juni 2018, aber erst mit der Veröffentlichung der Version 3.5 im November 2022 begann der Flächenbrand. Wir haben es also nicht mit einem plötzlichen Phänomen zu tun, sondern mit einer Entwicklung, die viele nicht auf dem Schirm hatten und die nun weitreichend und folgenreich in unseren (beruflichen) Alltag eingreift. Deshalb möchte ich hier gleich einen ersten „Streitpunkt“ ansprechen. KI ist ein wichtiges Thema, nur hatten wir es nicht auf dem Schirm, deshalb ist die Situation jetzt so, wie sie ist.

Was heißt dies nun für Schule, Lernen und Unterricht?

Ich nehme einen wichtigen Punkt vorweg. Aus meiner Sicht ist es kaum möglich, KI mit den SchülerInnen im Unterricht zu nutzen und ja, ich benutze dazu das Totschlagargument Datenschutz. Möglicherweise kann man z.B. mit Fobizz eine Plattform bzw. ein Tool nutzen, das datenschutzkonform eingesetzt werden kann, dazu verweise ich auf die Vorgaben der Länder und die teilweise doch recht guten und handhabbaren Vorgaben, wie Softwareprodukte jeglicher Art auf einen datenschutzkonformen Einsatz geprüft und einem Zulassungsverfahren unterzogen werden können. Von einem schnellen und unreflektierten Einsatz irgendwelcher KI-Tools, so verlockend sie auch sein mögen, kann ich nur dringend abraten, auch wenn ich selbst ein großer Fan diverser Anwendungen bin.

Auf der Ebene von Schule und Unterricht und hier im persönlichen Engagement der Lehrenden sehe ich ein großes Potenzial, was den Einsatz und die Nutzung von KI betrifft. Natürlich muss jeder Lehrende auch für sich selbst abwägen, ob er dieses oder jenes Tool nutzen möchte, aber das muss er meiner Meinung nach ohnehin, wenn er digitale Möglichkeiten nutzt. KI kann mir als Lehrenden Zeit sparen. Das heißt nicht, dass man seinen Unterricht ausschließlich mit KI planen sollte. Vielmehr ermöglicht sie es, Zeitpuffer zu schaffen, mehr zu differenzieren und Feedback zu Aufgaben oder deren Weiterentwicklung zu erhalten, ohne dass dies als persönliche Kritik aufgefasst wird. Mit KI kann ich Arbeitsblätter oder Arbeitsaufträge schnell übersetzen und gleichzeitig in einer Fremdsprache differenzieren. Gerade in unseren Vorbereitungsklassen (VKL), in denen Kinder unterschiedlichster Nationalitäten, Altersstufen und Vorbildungen unterrichtet werden, kann der Einsatz von KI nicht nur zu einer Entlastung der Lehrkraft führen, sondern die Kinder in ihrem Lernprozess deutlich besser unterstützen. Diese Punkte ließen sich sicherlich noch weiter ausführen (Elternbriefe, Vorbereitung von Elternabenden, Protokolle von Fachschaftssitzungen, …). In einer Zeit, in der wir allenthalben eine hohe Arbeitsbelastung wahrnehmen, ist der Einsatz von Mitteln, die mir mehr zeitliche Ressourcen ermöglichen, aus meiner Sicht durchaus legitim – sofern hier keine persönlichen Informationen auftauchen. Dabei kann auch eine neue Lernkultur entstehen, die gar nicht KI im Zentrum hat, sondern durch KI ermöglicht wird.

Auch auf der Ebene der Schule selbst und hier explizit der Schulentwicklung kann ich mir den Einsatz von AI vorstellen. Viele Schulen haben eine Stärken-Schwächen-Analyse als Grundlage ihrer Schulentwicklung durchgeführt und sind nun dabei, daraus SMARTe Ziele abzuleiten. Dabei erlebe ich oft, dass viele Stunden in diese Zielformulierungen investiert werden und der eigentliche Nutzen bzw. die eigentliche Arbeit, die damit verbunden ist, außer Acht gelassen wird. Warum füttert man nicht die KI mit den Informationen aus der Schulanalyse und lässt sich SMARTe Ziele erstellen (die man ja durchaus verfeinern oder verändern kann). Die eigentliche Schulentwicklung erfolgt dann durch konkrete Maßnahmen und deren Überprüfung durch Indikatoren. Dies kann m.E. die KI nicht leisten, da die Situation, die Gegebenheiten, die Ressourcen vor Ort nicht bekannt und nur schwer zu erheben sind. Gleichzeitig ist dies die Arbeit, die die Schule individuell macht, die Kreativität vor Ort erfordert und die sich unmittelbar auf die Arbeit vor Ort und damit möglicherweise auch auf die Lernkultur auswirkt.

Und die Schüler schauen nur zu, oder was?

Wie bereits beschrieben, tue ich mich mit dem direkten Einsatz im Unterricht schwer. Dennoch muss KI ein Teil des Unterrichts sein. Hier denke ich, dass die Lernenden durchaus reflektieren können, wenn man ihnen zeigt, wie sich die Ergebnisse der KI verändern können, wie Vorurteile ins Spiel kommen oder wie sie auch einfach falsch liegen kann. Bei verschiedenen Prüfungsformaten ist ohnehin zu prüfen, ob sie vor dem Hintergrund von KI überhaupt noch Bestand haben bzw. Sinn machen. Sofern man daran festhält – und das wird aufgrund der Trägheit der Kultusverwaltungen durchaus der Fall sein – bedarf es einer Verständigung darüber, wie der Einsatz von KI in Prüfungsformaten möglich sein kann. Niels Winkelmann und Regina Schulz liefern hier mögliche Ansatzpunkte.

#KIbedenken

Das eingangs erwähnte Buch von Mitchell erschien 2020. ChatGPT war also Insidern bereits bekannt und die Entwicklung war in Fachkreisen wohl keine große Überraschung. Dies lässt zumindest ein Artikel aus dem Jahr 2023 vermuten. Worauf ich hinaus will: Mitchell glaubt nicht, dass es in naher Zukunft selbstfahrende Autos geben wird. Trotz aller Entwicklungen sei man noch zu weit davon entfernt. Das möchte ich auf die Bildung übertragen. ChatGPT und Co. mögen ein Paukenschlag gewesen sein und die Fähigkeiten mögen faszinierend sein. Dennoch plädiere ich für eine realistische Einschätzung des Ganzen. Keine blinde Anwendung, sondern überlegte Nutzung auf allen Ebenen.

Literatur

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